Votum der Vollkonferenz zum Schwerpunktthema „Mitverantwortung der Kirchen für den Zusammenhalt der Gesellschaft“

Plenum bei der UEK-Vollkonferenz in Dresden

Plenum bei der UEK-Vollkonferenz in Dresden © ekd-bild/Heike Lyking

Dresden, Sonntag, 10. November 2019.

Die Vollkonferenz der UEK hat zum Schwerpunktthema „Mitverantwortung der Kirchen für den Zusammenhalt der Gesellschaft“ eine Stellungnahme mit folgendem Wortlaut verfasst:

„Gott liebt die Menschen und die Schöpfung ohne Vorleistung und ohne Unterschied. Aus diesem Glauben leben wir. Hieraus schöpfen wir Hoffnung für unser Leben und die Welt.

Wir erleben eine gesellschaftliche Entwicklung, in der Lügen und Diffamierungen unser Miteinander zunehmend vergiften. Menschen sehen sich Hass und Ausgrenzung, nicht selten auch Gewalt ausgesetzt. Vertrauen wird zerstört, Dialog verweigert und Gespräche werden abgebrochen. Faire Auseinandersetzungen werden unmöglich, wenn Widerspruch als Zensur bewertet, gleiche Würde und gleiche Rechte aller Menschen bestritten werden.

All das findet nicht irgendwo anders statt, sondern mitten unter uns. Als Kirchen und christliche Gemeinden sind wir Teil der Gesellschaft und deshalb auch von diesen Entwicklungen betroffen. Die Auseinandersetzungen spielen sich auch in unseren Gemeinden ab.

Wir wollen uns nicht ängstigen oder entmutigen lassen, sondern uns dieser Situation aktiv stellen. Klare Worte und entschiedenes Handeln sind notwendig, wenn Menschen bedroht, diffamiert und ausgegrenzt werden. Die Hoffnungs- und Befreiungsgeschichten der Bibel zeigen ihre Aktualität, wenn wir uns dem Leid der Geflüchteten stellen, die mit Waffengewalt abgewehrt, vom Tod im Mittelmeer oder unmenschlichen Lebensbedingungen bedroht sind. Ihnen ist Gott nah, sie sind uns in ihrer Gefährdung und Verletzlichkeit anbefohlen.

Hoffnung und Befreiung ist auch denen zugesagt, die unter Armut, Ungerechtigkeit, fehlenden Chancen auf Bildung und Teilhabe leiden. Wenn wirtschaftliche Interessen rücksichtlos durchgesetzt werden, zerstören sie die natürlichen Lebensgrundlagen. So werden Menschen versklavt, zu Objekten gemacht und in die Vereinzelung geführt. Als Kirchengemeinden, diakonische Einrichtungen und in vielfältigen kirchlichen Diensten leisten wir bereits einen wesentlichen Beitrag für ein menschliches Miteinander. Mit unserem Reden und Tun wollen wir noch deutlicher Zeuginnen und Zeugen der Menschenfreundlichkeit Gottes und seiner Verheißungen werden. Als Christinnen und Christen sollen wir dazu beitragen, dass nicht Egoismus und Gleichgültigkeit oder die rücksichtslose Verteidigung eigener Privilegien unser Zusammenleben bestimmen, sondern Nächstenliebe, Mitgefühl und Solidarität. Dazu schließen wir uns mit allen zusammen, die sich für Gerechtigkeit und ein friedliches Zusammenleben einsetzen: in unseren Stadteilen und Nachbarschaften, in Schulen und an unseren Arbeitsplätzen. Wir wollen uns nicht hinter Kirchenmauern zurückziehen, sondern mit anderen zusammen Verantwortung übernehmen und zu solidarischen Gemeinschaften werden. Dazu begeben wir uns auch in Konflikte und stellen uns den drängenden Fragen der Zukunft. Dabei sind gleiche Würde und gleiche Rechte aller Menschen nicht verhandelbar. Wir vertrauen auf die erneuernde Kraft von Gottes Geist, der uns hilft, unsere eigenen Beschränkungen zu überwinden.

Wir fühlen uns bestärkt durch unsere Geschwister in der weltweiten Ökumene, mit denen wir im Vertrauen auf Gottes Liebe und in der Hoffnung auf Gottes Verheißungen den Weg des Friedens, der Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung gehen. Wir lernen von ihnen und sehen hierin einen Ausdruck der tiefen Verbundenheit, nicht nur mit Christinnen und Christen, sondern mit allen Menschen. Nationalismus, Rassismus und jegliche Form von Ausgrenzung, ob bei uns oder anderswo, leugnen die Einheit der Menschheit, die Liebe Gottes zu allen Menschen und gleiche Rechte auf ein menschenwürdiges Leben. Sie sind unvereinbar mit unserem christlichen Glauben. Dem stellen wir die Kraft der Versöhnung entgegen.“